Tinomaschino

Zugegeben, die Öffnungszeiten sind ein Witz: Wir mussten 8 (!) Monate im voraus reservieren um im April - kurz vor Ostern - endlich in den Genuss der kulinarischen Rundumbehandlung von Chef Tino und seinem Team zu kommen. Noch vor zwei Jahren war uns der Name kein Begriff. Allein durch begeisterte Berichte und reizvolle Fotos in den sozialen Medien wurden wir auf den imposanten Hattinger aufmerksam, der durch seine Ski-Leidenschaft eine erste innige Verbindung zu den Bergen und der alpinen Küche entwickelte. Über das Sanitärgewerbe kam Chef Tino zum Kochen, eine formelle Küchenausbildung absolvierte er nicht.Das Restaurant befindet sich in einem Wohnhaus, das in den Siebzigerjahren von W. E. Koslowski für eine vermögende Unternehmerfamilie entworfen wurde. Wir haben uns heute hier eingefunden, um das exquisite 7-Gang Menü des Maître zu genießen, auf das wir bereits so lange hingefiebert haben.Regional und Saisonal - zwei Attribute die in der gehobene Sterneküche mittlerweile inflationär benutzt werden - sind die Paradigmen, die am Vogelsberg in einer erfrischenden neuen Interpretation umgesetzt werden. Dabei ist kein Hauch von Dogmatismus zu spüren, wie die exquisite “Ananas an Knoblauch” beweist.Der Signature Dish von Tino und seinem Team ist das Wagyu-Lamm (ein neuartige Hybridrasse, die erstmal im Hattingen Hügelland erfolgreich gekreuzt werden konnte) auf einer gelierten Sauerrahm-Basis aus Stutenmilch. Die zart schmelzende Kombination wird noch lange unseren Gaumen kitzeln und schreit nach Wiederholung, einzig die extentrischen Öffnungszeiten (die der brutalen Konzentration auf Wesentliche: Qualität und Innovation) geschuldet sind, lassen einen erneuten Besuch erst im nächsten Jahr zu.Fast möchte man meinen, es gäbe nur so wenige Rezensionen zu dem Lokal, um potentielle Mitbewerber um einen Tisch an Tinos Tafel abzuhalten. Wir haben das Schweigen jetzt gebrochen und hoffen, dass es uns noch viele andere zufrieden Gäste gleich tun werden.